Der eigentlich für den 1. Januar 2012 vorgesehene Start der neuen elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) verzögert sich, nachdem die Finanzverwaltung zwei Monate vor dem geplanten Start gravierende Probleme mit ihrer Software entdeckt hat. Der Start des elektronischen Abrufverfahrens ist jetzt zunächst probeweise ab dem 1. November 2012 und dann verbindlich zum 1. Januar 2013 geplant. Bis dahin ist ein Abruf der ELStAM nicht möglich.
Ursprünglich war nur von einer Verschiebung des ELStAM-Starts um drei Monate die Rede. Anscheinend hat man in der Finanzverwaltung dann aber doch noch ein Einsehen gehabt und das ganze Projekt gleich um ein Jahr verschoben. Ob dies daran liegt, dass eine nochmalige Verschiebung den Ruf endgültig ruiniert hätte, falls in 2012 noch weitere Probleme auftauchen, oder weil man den Arbeitgebern eine Umstellung im laufenden Jahr und die Korrektur zahlreicher Lohnabrechnungen ersparen wollte, ist unbekannt.
So oder so ist die Verschiebung um ein Jahr die vernünftigste Lösung, denn sie gibt der Finanzverwaltung genügend Zeit, ihre EDV-Probleme in den Griff zu bekommen und erspart den Arbeitgebern einigen bürokratischen Aufwand. Das bedeutet dann allerdings auch, dass der Übergangszeitraum im Kalenderjahr 2012 fortbesteht. Im Wesentlichen bleibt also erst einmal alles wie gehabt, wenn auch mit einigen Änderungen, die das Bundesfinanzministerium jetzt bekannt gemacht hat.
Die Finanzämter schreiben nun die Arbeitgeber an und informieren sie zumindest über die wichtigsten Vorgaben für das kommende Jahr. Grundsätzlich gilt die Lohnsteuerkarte 2010 oder eine Ersatzbescheinigung des Finanzamtes weiter. Die dort zuletzt eingetragenen Lohnsteuerabzugsmerkmale sind also - unabhängig von der eingetragenen Gültigkeit - vom Arbeitgeber auch 2012 zu berücksichtigen. Der Arbeitgeber braucht nicht zu prüfen, ob die einzelnen Lohnsteuerabzugsmerkmale noch vorliegen.
Ein Arbeitnehmer kann jedoch für 2012 dem Arbeitgeber auch von der Lohnsteuerkarte 2010 oder von der Ersatzbescheinigung 2011 abweichende Besteuerungsmerkmale nachweisen. Dazu muss er dem Arbeitgeber entweder das Mitteilungsschreiben des Finanzamts zur "Information über die erstmals elektronisch gespeicherten Daten für den Lohnsteuerabzug" oder den Ausdruck oder eine sonstige Papierbescheinigung des Finanzamts mit den 2012 gültigen elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmalen vorlegen.
Damit sichergestellt ist, dass alle Zweit- und Nebenarbeitsverhältnisse mit der Steuerklasse VI geführt werden, ist das Mitteilungsschreiben oder die Bescheinigung des Finanzamts nur dann für den Arbeitgeber maßgebend, wenn ihm gleichzeitig die Lohnsteuerkarte 2010 oder die Ersatzbescheinigung 2011 des Arbeitnehmers vorliegt. Nichtsdestotrotz sind dann die Angaben auf der Lohnsteuerkarte oder Ersatzbescheinigung irrelevant; allein die auf der zuletzt ausgestellten amtlichen Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug ausgewiesenen Lohnsteuerabzugsmerkmale sind maßgebend.
Bei einem Arbeitgeberwechsel muss der Arbeitnehmer sich entsprechend in diesem Fall beide Dokumente vom alten Arbeitgeber zurück geben lassen und dem neuen Arbeitgeber aushändigen. Wer weder eine Lohnsteuerkarte 2010 noch eine Ersatzbescheinigung 2011 hat, aber 2012 ein neues Arbeitsverhältnis beginnt, muss beim Finanzamt eine Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug 2012 (Ersatzbescheinigung 2012) beantragen. Davon ausgenommen sind Azubis, denn die Vereinfachungsregelung für Auszubildende wurde ebenfalls verlängert. Für die darf der Arbeitgeber auch ohne die Ersatzbescheinigung die Steuerklasse I ansetzen, wenn der Azubi dem Arbeitgeber seine persönlichen Daten (Steueridentnummer, Geburtsdatum, Religionszugehörigkeit) schriftlich bestätigt und versichert, dass es sich um das erste Arbeitsverhältnis handelt.
Die Anzeigepflicht des Arbeitnehmers bleibt ebenfalls weiter bestehen. Arbeitnehmer müssen nämlich die Steuerklasse und die Zahl der Kinderfreibeträge auf der Lohnsteuerkarte 2010 oder Ersatzbescheinigung 2011 umgehend durch das Finanzamt ändern lassen, wenn die Eintragungen auf der Karte günstiger sind als die tatsächlichen Verhältnisse zu Beginn des Jahres 2012. Wurde zum Beispiel eine Ehe in 2011 geschieden und sind somit die Voraussetzungen für die Steuerklasse III weggefallen, ist der Arbeitnehmer verpflichtet, die Steuerklasse I auf der Lohnsteuerkarte oder Ersatzbescheinigung eintragen zu lassen.
Wenn allerdings nur ein für 2010 oder 2011 eingetragener Freibetrag in 2012 nicht mehr den tatsächlichen Verhältnissen entspricht, ist der Arbeitnehmer nicht verpflichtet, die Anpassung zu veranlassen. Ein Antrag auf die Herabsetzung von Freibeträgen empfiehlt sich aber, um Nachzahlungen im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung zu vermeiden. Außerdem ist mit einem Freibetrag - von wenigen Ausnahmen abgesehen - zwangsläufig eine Einkommensteuererklärung abzugeben.
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