Wie im Vorjahr betreffen die wichtigsten Änderungen zum Jahreswechsel die Umsatzsteuer. Im übrigen Steuerrecht dienen die Gesetzesänderungen meist dazu, unliebsamen Urteilen des Bundesfinanzhofs die Grundlage zu nehmen.
Anti-Seeling-Regelung: Das Seeling-Modell ermöglicht es Unternehmern, ein gemischt genutztes Gebäude komplett dem Betriebsvermögen zuzuordnen, den vollen Vorsteuerabzug geltend zu machen und dann nur den Eigenverbrauch für den privat genutzten Anteil zu versteuern. Nun wurde die Anti-Seeling-Regelung in deutsches Recht umgesetzt, auf die sich die EU-Finanzminister geeinigt haben. Ab 2011 ist nur noch ein anteiliger Vorsteuerabzug möglich. Im Gegenzug wird die Möglichkeit einer Vorsteuerberichtigung geschaffen, falls später eine Änderung der Nutzungsanteile erfolgt.
Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers: Zur Verhinderung des Umsatzsteuerbetrugs wird wieder einmal die Umkehr der Steuerschuldnerschaft ausgeweitet. Zukünftig gilt die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers auch für die Leistungen von Gebäudereinigern an Unternehmen aus derselben Branche und generell für die Lieferung von Industrieschrott, Altmetallen und sonstigen Abfallstoffen sowie bei Anlagegold. Umgekehrt sind jetzt Restaurationsleistungen an Bord von Schiffen, Flugzeugen und Zügen von der Umkehr der Steuerschuldnerschaft ausgenommen.
Umsatzsteuererklärung: Bei der Einkommen-, Gewerbe- und Körperschaftsteuer wurden Unternehmer schon vor einem Jahr dazu verpflichtet, die Erklärungen für das Jahr 2011 und folgende elektronisch abzugeben. Diese Verpflichtung gilt nun auch für die Umsatzsteuerjahreserklärung.
Bilanzierung: Für das abgelaufene Jahr (alle ab dem 1. Januar 2010 beginnenden Geschäftsjahre) sind zum ersten Mal die Änderungen im Bilanzrecht durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz für alle Unternehmen verbindlich. Freiwillig konnten die Änderungen schon ein Jahr früher angewendet werden.
AfA auf eingelegte Wirtschaftsgüter: Die Grundlage für die AfA auf eingelegte Wirtschaftsgüter, die vorher zur Erzielung von Überschusseinkünften im Privatvermögen gedient haben, ist zukünftig der Wert, mit dem das Wirtschaftsgut eingelegt wird, abzüglich bereits vorgenommener Abschreibungen. Bisher wurden die vorgenommenen Abschreibungen von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten abgezogen. Das Bundesfinanzministerium hat zu diesem Thema bereits ein ausführliches Schreiben mit Vorgaben für verschiedene Konstellationen veröffentlicht.
Finale Entnahme oder Betriebsaufgabe: Die Theorie der finalen Entnahme, die der Bundesfinanzhof vor zwei Jahren verworfen hatte, wird nun rückwirkend im Gesetz festgeschrieben. Demnach muss ein Unternehmer, der seinen inländischen Betrieb ins Ausland verlegt und dort fortführt, die im Betriebsvermögen angesammelten stillen Reserven - wie bei einer Betriebsaufgabe - sofort aufdecken und versteuern. Gleiches gilt, wenn nur einzelne Wirtschaftsgüter in Zukunft einer ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen sind. Bei Verlagerung des Betriebs oder Wirtschaftsguts in einen anderen EU/EWR-Staat kann die fällige Steuer auf Antrag zinslos in fünf gleichen Jahresraten gezahlt werden.
Halb-/Teilabzugsverbot: Einkünfte aus Beteiligungen unterliegen dem Halb- bzw. Teileinkunftsprinzip, entsprechende Verluste dem Halb- bzw. Teilabzugsverbot. Kommt es allerdings gar nicht erst zu Einnahmen und die Beteiligung wird mit Verlust liquidiert, sah der Bundesfinanzhof keinen Grund für ein anteiliges Abzugsverbot. Mehrfach haben die Richter zugunsten der Steuerzahler den vollen Steuerabzug der Liquidationsverluste zugelassen. Nun wurde die Verwaltungsauffassung gesetzlich verankert, nach der für die Anwendung des Halb- oder Teilabzugsverbots die Absicht zur Erzielung von Einnahmen bereits ausreicht. Die Neuregelung gilt für alle Anteilsverkäufe ab dem 1. Januar 2011.
Leistungsort im Drittland: Um eine Doppelbesteuerung mit Umsatzsteuer zu vermeiden, gibt es einige Korrekturen beim Leistungsort von Dienstleistungen in Drittländern (Nicht-EU/EWR-Staaten). Das betrifft zum einen Dienstleistungen im Bereich Güterbeförderung, Be- und Entladung, Reisevorleistungen sowie Arbeiten an oder Begutachtungen von beweglichen Gegenständen für andere Unternehmer. Hier galt bisher der Sitz des Leistungsempfängers als Leistungsort, womit die Leistung sowohl in Deutschland als auch im Drittland umsatzsteuerpflichtig sein konnte. Nun gilt die Leistung als im Drittland ausgeführt, wenn sie auch dort genutzt wird. Vergleichbares gilt nun bei Internet- und Telekommunikationsdienstleistungen an Nichtunternehmer mit EU-Wohnsitz, die in einem Drittland genutzt werden.
Messen, Kunst und Kultur: Leistungen im Bereich Kultur, Kunst, Wissenschaft, Unterricht und Sport werden nur noch dann am Ort der Leistung erbracht, wenn sie für Nichtunternehmer bestimmt sind. Leistungen für den unternehmerischen Bereich gelten dagegen am Sitz des Leistungsempfängers als erbracht. Etwas anderes gilt jedoch für Eintrittsgelder zu Messen, Ausstellungen und kulturellen Veranstaltungen: Hier gilt als Ort der Leistung auch für den unternehmerischen Bereich der Ort, an dem die Veranstaltung tatsächlich durchgeführt wird.
Erwerbsschwelle: Ein "Halbunternehmer" (Unternehmer, die nur umsatzsteuerfreie Umsätze ausführen und Kleinunternehmer) kann auf die Anwendung der Erwerbsschwelle bei innergemeinschaftlichen Erwerben nun einfacher verzichten. Statt den Verzicht gegenüber dem Finanzamt zu erklären, genügt es jetzt, dem Lieferanten die eigene UStIdNr mitzuteilen. In diesem Fall ist die Lieferung umsatzsteuerfrei und der Erwerber muss den Vorgang dann selbst der Umsatzsteuer unterwerfen.
Insolvenzverfahren: Mehrere Änderungen der Insolvenzordnung stärken den Fiskus als Gläubiger. Vor allem gelten Verbindlichkeiten aus dem Steuerschuldverhältnis, die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehen, jetzt als Masseverbindlichkeit. Außerdem kann ein Insolvenzantrag nicht mehr allein dadurch abgewendet werden, dass die dem Antrag zugrunde liegende Forderung beglichen wird.
Körperschaftsteuerguthaben: Soweit beim Übergang vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren Körperschaftsteuerminderungspotenzial verloren ging, wird nun gemäß dem Auftrag des Bundesverfassungsgerichts für alle noch nicht bestandskräftigen Fälle eine Korrektur vorgenommen.
E-Bilanz: Die Einführung der Pflicht zur elektronischen Übermittlung der Bilanz an das Finanzamt wurde um ein Jahr verschoben. Sie gilt nun erstmalig für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2011 beginnen.
Veräußerungsgewinn: Bei außerordentlichen Einkünften, für die der "halbe" Steuersatz gilt, wird der Mindeststeuersatz auf den aktuellen Eingangssteuersatz von 14 % abgesenkt.
Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Zinsen: Im Gewerbesteuergesetz gibt es eine Ausnahmeregelung bei der Hinzurechnung von Zinsen für Finanzdienstleistungsunternehmen. Die Ausnahmeregelung gilt zwar schon rückwirkend ab 2008, aber ab 2011 gibt es zusätzlich die Vorgabe, dass mindestens 50 % der Umsätze aus Finanzdienstleistungen stammen müssen.
Energie- und Stromsteuer: Die Steuervergünstigungen für energieintensive Unternehmen werden in mehreren Punkten abgesenkt. Neben einer Erhöhung des ermäßigte Steuersatzes steigt auch der Sockelbetrag, der für eine Entlastung mindestens erreicht werden muss, von 205,00 auf 250,00 Euro (Energiesteuer) bzw. von 512,50 auf 1.000,00 Euro (Stromsteuer), und die Erstattungsansprüche werden von 95 % auf 90 % reduziert.
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